Tunis

Tunis
Hauptstadt von Tunesien

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Tu|nis:
Hauptstadt von Tunesien.

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Tunis
 
['tuːnis, französisch ty'nis], Hauptstadt Tunesiens und des Gouvernorats Tunis, nahe dem Mittelmeer, 58 m über dem Meeresspiegel, auf der Binnenseite des flachen Lagunensees El-Bahira am Golf von Tunis, (1994) 674 100 Einwohner im Stadtgebiet, 1,8 Mio. Einwohner im Ballungsraum (1/5 der Landesbevölkerung). Tunis ist politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Tunesiens; katholischer Bischofssitz (seit 1995; 1884-1964 katholischer Erzbischofssitz); drei Universitäten (gegründet 1988, hervorgegangen aus einer 1958 gegründeten Universität), Fachhochschulen (u. a. für Verwaltung, Wirtschaft, Luftfahrt, Post- und Fernmeldewesen), Deutsches Kulturinstitut, internationale und nationale Forschungsinstitute (u. a. Institut Pasteur), Nationalbibliothek, Nationalarchiv, Nationalmuseum (in Bardo) und weitere Museen, Nationales Ozeanographisches Institut (im Vorort Salammbo); Staatstheater; Kongresspalast; zoologischer Garten; Stadtbahnnetz 32 km lang, internationaler Flughafen Tunis-Carthage (Karthago) 6 km nördlich. Der Passagierhafen von Tunis (u. a. Autofähren nach Marseille, Genua, Neapel, Palermo) ist mit dem Außenhafen La Goulette durch einen 10 km langen Seekanal und Erddamm (Autobahn, Schnellbahn) verbunden. Der Großraum Tunis beherbergt rd. 65 % aller größeren Industriebetriebe des Landes, v. a. der Nahrungsmittel-, Bekleidungs-, chemischen (Superphosphat), metallurgischen (u. a. Bleierzverhüttung, Stahl-, Graugießerei, Metallverarbeitung), elektrotechnische und Energie erzeugenden Industrie; Druckereien und Verlage (die Auslagerung von Betrieben ist geplant). Eine internationale Messe findet alle zwei Jahre statt.
 
 
Zwischen der Lagune im Osten und der Sebkha Sedjoumi im Südwesten liegen die zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Altstadt (Medina; 1 500 m × 800 m), die seit 1974 unter Leitung der »Vereinigung zur Rettung der Medina« (ASMA) saniert, restauriert und modernisiert wird, und die nach Osten anschließende Neustadt (ehemalige französische Kolonialstadt; heute Cityfunktion) mit dem Passagierhafen, daher erfolgt die moderne Stadterweiterung nach Norden (Ariana), Nordwesten (Ettadhamen) und Südosten (Ben Arous, Radès); der nördliche Küstensaum von La Goulette bis Gammarth hat sich zu einer Seebäderzone entwickelt (Schnellbahn zum Stadtzentrum). In der Medina liegt die Große Moschee Djama es-Situna, ein 732 gegründetes religiöses Zentrum (864 von den Aghlabiden vollendet, unter den Hafsiden und in osmanischer Zeit durch spanisch-maurischen Baumeister verändert, 1962-64 restauriert) mit 15-schiffigem Betsaal (antike Säulen) und Mihrabfassade; ihr Minarett wurde 1653 restauriert, 1834 auf 44 m erhöht. Die Moschee el-Ksar (1106 gegründet) hat ein Minarett (1647, 1978/79 erneuert) mit Dekor im spanisch-maurischen Stil. Die Moschee der ehemaligen Kasba (1231-35; 1963/64 restauriert) hat ein Minarett im almohad. Stil. Die siebenschiffige Moschee Hammouda Pascha (um 1665) besitzt drei Innenhöfe und ein innen reich dekoriertes Mausoleum (1655). Im Komplex der Sidi-Jusuf-Moschee (1616) mit Medrese (1622) dominiert der hafsidische Stil. Die Moschee Sidi Mahres (um 1675) erhielt 1862 ein neues Grabmal des Stadtheiligen (er lebte im 10. Jahrhundert). Die Medrese es-Slimanija (1740-50) ist ein Meisterwerk spanisch-maurischer Baukunst. Der Mausoleumskomplex der Husainidendynastie, Tourbet el-Bey (1758-82), zeigt außen Einfluss der italienischen Renaissance, das Innere orientiert sich an den Moscheen Istanbuls; Mausoleum Sidi Ben Arous (1491; 1654 verändert; Stuckdekor des 15. Jahrhunderts) mit schlankem Minarett im syrischen Stil mit Umlaufbalkon. Der Palast Dar Husain (18./19. Jahrhundert) beherbergt das Nationalinstitut für Archäologie und Kunst. Der Palast Dar Othman (17. Jahrhundert) im hafsidischen Stil zeigt spanisch-maurisches Innendekor. Hafsidisch ist auch das Tor Bab Djedid (1276). Die Zawija Sidi Bou-Khrissane (Ende 11. Jahrhundert) ist ein Viersäulenkuppelbau. In der Neustadt liegen die Kathedrale (1882) und das Staatstheater, im Belvedere-Park das Museum für moderne Kunst; der maurische Pavillon »Koubba« (17. Jahrhundert) wurde 1901 vom La-Manouba-Park hierher versetzt.
 
 
Der ursprünglich von Berbern gegründete Handelsort kam bald unter punische Herrschaft (Tynes genannt), blieb aber neben dem aufblühenden Karthago von geringer Bedeutung und war oft Quartier für die Belagerer Karthagos. 146 v. Chr. wurde es mit diesem von den Römern zerstört, unter Kaiser Augustus als Thuni (später Tunes) wieder aufgebaut und im 3. Jahrhundert Bischofssitz. Bedeutung erlangte es erst in arabischer Zeit (ab 670) als Hauptstadt der Aghlabiden, der Almohaden und besonders der Hafsiden, unter denen sich Tunis, v. a. durch Ansiedlung spanischer Muslime, zum wissenschaftlichen und kulturellen Zentrum Nordafrikas entwickelte; 1332 wurde hier Ibn Chaldun geboren. Im 16. Jahrhundert war Tunis zwischen Spaniern und Osmanen umkämpft, Letztere eroberten es 1574 endgültig (Tunesien, Geschichte). Unter dem französischen Protektorat (1881-1956) erfuhr Tunis starken Aufschwung und Ausbau. 1942/43 verursachten alliierte Luftangriffe gegen die deutsch-italienischen Besatzungstruppen schwere Schäden. 1979-90 war Tunis Sitz der Arabischen Liga.
 
 
P. Signoles: L'espace tunisien. Capitale et état-région, 2 Bde. (Tours 1985);
 B. S. Hakim: Arabic-Islamic cities. Building and planning principles (London 21988).

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Universal-Lexikon. 2012.

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